Schulchronik Jahr 1948

Hochwasser

Der Winter war äußerst mild und brachte reichlich Niederschläge, die ein starkes Anwachsen der Mosel zur Folge hatten. Am Neujahrstage hatte das Wasser den höchsten Stand erreicht, der nur ½ m hinter dem des Jahres 1926 zurückblieb und bis zum Eingang der alten Schule reichte. Als nach etwa 10 Tagen das Wasser von der Straße war und die Leute Ställe und Keller gesäubert hatten, brachten erneute Regengüsse ein zweites Hochwasser, das aber nur bis zum Dorfeingang kam. Im Februar setzte ein starker Frost ein; das Thermometer zeigte bis -16 Grad.

Ein Beitrag zu der augenblicklichen Notzeit

Der 47er ist nun soweit, daß man ihn abfüllen kann. Lange wurde beraten, welchen Namen man ihm geben solle. Diese und jene Benennung wurde vorgeschlagen und wieder verworfen. Dann tauchte die Bezeichnung „Zonenschleicher“ auf, welche dann auch Beifall fand. Fast täglich zieht eine Anzahl junger Leute mit Rucksäcken und Kartoffeln schwer bepackt zur Bahnstation Kochem, um den kostbaren Tropfen in die englische Zone hinüberzuschmuggeln und dort zu tauschen. Pechvögel – meistens betrifft es die wenig Erfahrenen – werden an der Zonengrenze – oder auch schon früher – erwischt, bekommen den Wein abgenommen und können wieder nach Hause fahren. Die „Kundigen“ kommen meistens in dem gefürchteten Remagen ungeschoren durch und bringen allerlei Kostbarkeiten wie: Schinken, Kleidungs- und Wäschestücke, Nährmittel, Zucker, Tabak und dergleichen mit nach Hause. Man fährt bis nach Wesermünde, um für 1 Fl. Wein 25 Heringe einzutauschen. Mangelwaren werden auch mit Lastwagen ins Dorf gebracht, sind dann jedoch erheblich teurer. Öfters sieht man einen solchen an einer verschwiegenen Stelle des Dorfes halten. Im Nu ist alles auf den Beinen, Körbe voll Wein werden herbeigeschafft. Für 40 Fl. Gibt es ein paar Arbeitsschuhe, für 100 Fl. Eine ganze Kuhhaut, für 25 Fl. Eine Hose, für 12 Fl. 30 Pfund Sauerkraut, für 1 Fl 3-4 Heringe oder 5 Schuhschnüre. Kunstdünger, Töpfe, Einmachgläser, sogar Kartoffeln- alles kann man gegen Wein haben. Im Handumdrehen ist so eine Ladung vergriffen. Wer keinen Wein besitzt, hat das Zusehen, schnürt seine Schuhe mit Papierbindfaden zu, muß auf Leckerbissen wie Heringe und Sauerkraut verzichten, kann für seine Familie Schuhe und Kleidungsstücke nicht besorgen. Für Geld bekommt man die Lebensmittelzuteilungen noch sonst kaum etwas. Der Winzer gibt seinen Arbeitern 3-4 Fl. Wein und die Kost. Wenn jedoch der Lehrer unter den anhaltenden Umständen durchblicken läßt, daß ihm für das Spielen eines bestellten Wochenamtes statt einer Mark eine Flasche Wein sehr angenehm wäre, so hat man nur in ganz seltenen Fällen Verständnis dafür. Die Normalverbraucher sind in unserem kleinen Dörfchen besonders schlecht gestellt. Für sie besteht keine Möglichkeit, irgendeinen Zusatz zu den sehr schmalen Rationen zu beschaffen. Sie leben oft wochenlang ohne Fett und Fleisch, essen trockenes Brot am Morgen, Salzkartoffeln am Mittag und eine Mehlsuppe am Abend. Ein allgemeiner Kräfteverfall macht sich bei ihnen bemerkbar. Die Kinder dieser Versorgungsgruppe sind unterernährt.

Sorgen um die Frühjahrsbestellung

Die Beschaffung der Saatkartoffeln bereitete einige Schwierigkeiten. Nach Erfüllung des Abgabesolles verblieben den meisten Haushaltungen kaum 3 Ztr pro Person für den Eigenverbrauch, die Ostern restlos verbraucht waren. 18-20 Flaschen Wein mußte man für 1 Ztr. Kartoffeln geben und sich dieselben aus entfernt liegenden Hunsrückdörfern heranschaffen. Auf dem Vorderhunsrück war nichts mehr zu haben. Die zweite und größere Sorge war die Fernhaltung der Wildschweine von den bestellten Äckern. In tagelanger, mühevoller Arbeit umgab man die Felder mit hohen Stangenzäunen und streute vielfach schwarzen Schwefel um dieselben. Windmühlen mit Geräuschverrichtungen wurden aufgestellt. Trotz dieser Abwehrmaßnahmen wurden viele Felder umgewühlt und die Kartoffeln gefressen.

Der Kartoffelkäfer trat außergewöhnlich stark auf. Noch waren die Kartoffeln nicht aufgegangen, da spazierten schon die Käfer in Scharen über die Felder und warteten auf die ersten Blättchen. Durch Ablesen und Spritzen konnten sie aber niedergehalten werden.

Die D.- Mark

Endlich ist die neue Währung da. Im Saale des Gasthauses Görgen in Briedern empfingen wir unser Kopfgeld -40 DM pro Person. Interessant war zu beobachten, wie die einzelnen Berufsgruppen die Einführung des neuen Geldes aufnahmen. Der Lohn- und Gehaltsempfänger, Handwerker und Geschäftsmann begrüßte lebhaft die Reform. Viele Winzer, die bisher mit Wein alles erwerben konnten, waren nicht sehr erbaut, äußerten sich pessimistisch über den Bestand der Deutschen Mark und hofften, daß ihr Wein auch weiterhin ein beliebtes Tauschobjekt bleibt. – 14 Tage sind seit der Einführung der neuen Währung verstrichen. Die Lastwagen der Schwarzhändler sind von den Straßen verschwunden. Wein wird für Tauschzwecke nicht mehr gebraucht. Kirschen, die man sonst nur bekam, wenn man einen guten Bekannten hatte, werden für 25-30 Pfennige angeboten, Butter erhält man für 4-5 DM, Eier für 10-20 PF. Auch Textilwaren kommen zum Vorschein, und man kann auf Punkte schöne Sachen kaufen, an deren Vorhandensein man nicht mehr glaubte. Doch ist Vorsicht beim Einkauf geboten, denn wollhaltige Waren sind oft stark von den Motten zerfressen.

1.4.48 Kahlki

Zum Weggang des Pfarrers Maringer

A, 1.8. verließ Pfarrer Nikolaus Maringer, nachdem er 17 Jahre in unserer Gemeinde gewirkt hat, Beilstein, um seine neue Pfarrstelle in Gönnersdorf in der Eifel anzutreten. Um den Karmeliten das beabsichtigte Herkommen zu ermöglichen, stellte er ihnen in entgegenkommender Weise seine Pfarrei zur Verfügung. In einer Feierstunde nahm die Pfarrgemeinde herzlichen Abschied von ihrem scheidenden Seelsorger. Die Schulkinder hatten die Schule in einen Blumengarten verwandelt und bestritten mit Gedicht und Lied den Hauptteil der Feier. Der Ortsbürgermeister Kochems sprach im Namen der Gemeinde. Jede Familie war durch mindestens ein Mitlied vertreten. Pfarrer Maringer wollte das Beste wurde aber vielfach nicht verstanden.

Schulentlassungen Aufnahme

Es wurden in diesem Jahre ein Knabe und ein Mädchen entlassen und zwei Knaben aufgenommen. Drei Schüler sind verzogen. Schülerzahl 36.

Herbst

Die Traubenlese begann am 12. Oktober. Der Behang war zufriedenstellend., in den jungen Weinbergen gut. Die sonnigen Herbsttage hatten die Qualität soweit gefördert, daß auch die geringeren Lagen einen trinkbaren Wein lieferten. Die Mostgewichte hielten sich zwischen 70-95 Grad nach Öchsle. Der Zentner Trauben wurde mit 70-80 DM bezahlt, für ein Fuder Most – meistens verkaufte man den aus geringen Lagen – erhielt man bis 2500 DM. – Weinzucker gab es auch in diesem Herbst noch nicht.

Karmeliten kommen wieder nach Beilstein

Dem Karmelitenpater Prior Dominikus Gaul, der zuletzt in Straubing wirkte, wurde mit Wirkung vom 1. Oktober die hiesige Pfarrstelle übertragen. Am 28. September zog er mit dem 69jährigen Bruder Isedor in das ehemalige Kloster ein. Sofort begann er mit der Neugestaltung der Räume in der oberen Etage. Zimmer wurden geteilt, Türen verlegt, so daß jeder Raum von dem langen Korridor betreten werden kann. Die feierliche Einführung findet erst nach dem „Herbst“ statt.

Wahlen

Am 14. November fanden die Wahlen zur Gemeinde- Amts- und Kreisvertretung statt. In Beilstein wurde ein Wahlvorschlag aufgestellt mit dem Kennwort: CDU. Das Wahlergebnis war:

Gemeindevertretung

Stimmberechtigte                     138
Abgegebene Stimmen                96
gültig                                              93
CDU                                                93

Amtsvertretung
Stimmberechtigte                      138
Abgegebene Stimmen                96
Gültig                                             62
SPD                                                14
Liste Liel                                        42
Liste Theisen                                  6

Kreisvertretung

Stimmberechtigte                      138       
Abgegebene Stimmen                 96
Gültig                                              73
CDU                                                 46
SPD                                                    8
KPD                                                    5
Liste Metzheimer                            14

Beim Auszählen des Wahlergebnisses für die Gemeindevertretung rückte Lehrer Kahlki mit 90 Stimmen an die vierte Stelle. Er bat den Wahlausschuß wegen seiner privaten Sorgen und Nöten von einer Verpflichtung abzusehen und einen Ersatzmann zu stellen, was dann auch genehmigt wurde. Die neuen Männer der Gemeindevertretung sind folgende:

  1. Edmund Kochems, Winzer
  2. Wolf Lipmann, Hotelier
  3. 3.Peter Kochems, Maurer
  4. 4. Andreas Kochems, Winzer
  5. Nikolaus Equit, Winzer
  6. Alois Schilken, Krämer
  7. Anton Bauer, Winzer

Feierliche Einführung der Karmelitenpatres

Am 17. November, dem sogenannten „Kalten Mittwoch“ war die feierliche Einführung der Karmetitenpatres. Das Dorf  war gar schön geschmückt. Zu der Feier waren Pater Provinzial von Bamberg mit dem Pater Sekretär, die Karmeliten des Klosters Springiersbach, sowie die Geistlichkeit der Umgebung erschienen. Von nah und fern fanden sich Gäste ein. Um 14 Uhr stellte sich die Prozession am Strande der Mosel auf. Aus der ersten Karmelitenniederlassung, dem heutigen Gasthaus zur Burg Metternich traten die Patres und wurden von dem Schulkind Marlene Schilken mit einem Gedicht begrüßt. Zwei Jungen der Filiale Briedern schlossen sich den Wünschen an. Darauf sang der Briedener Kirchenchor: „Der du vom Himmel bist“. Unter dem Geläute der Glocken zog dann die Prozession zur Kirche. Auf dem Wege sang der Kirchenchor von Bengel gemischtchörig: “Singt dem König Freudenpsalmen“. Feierlich erklang die Klosterorgel, als die Patres die mit Blumen und Tannen reich geschmückte Kirche betraten. Bis zum letzten Stehplatz füllte sich das herrliche Gotteshaus. Der Beilsteiner Kirchenchor forderte mit dem zweistimmigen „Lobt froh den Herrn“ zum Lobgesange auf, worauf der Ortskinderchor mit dem fünfstimmigen „Jubilate Deo“ von Aiblinger antwortete. Dann übertrug der Dechant von Kochem mit einer Ansprache dem Pater Prior Dominicus Gaul die Pfarrei. „Gegrüßest seist du Königin“ sang darauf 4stimmig der Chor.

Nun bestieg Pater Provinzial die Kanzel und hielt die Festpredigt, begeisterte zur Glaubenstreue und Marienverehrung. „Wunderschön prächtige“, brauste es durch die Kirche. Und jetzt sprach Pater Prior zu seinen Pfarrkindern, deren Herzen er sich restlos in der kurzen Zeit seines Hierseins erobert hat. Es folgte ein Lobgesang zum hl. Josef, dem Schutzpatron der Kirche. Bei der Aussetzung sang der Chor das 5stimmige“Tantum ergo“ mit Orgelbegleitung von Haller, darauf der Kirchenchor von Bengel die Litanei. Nach dem Tedeum und letzten Segen sang der Kirchenchor von Bengel ein 5stimmiges Marienlied. „Ein Haus voll Glorie schauet“ beschloß die eindrucksvolle Feier.

Am Abend zog die Pfarrgemeinde im Fackelzug zum Kloster, um dem neuen Seelenhirten zu huldigen. Die Feier wickelte sich mit folgendem Programm ab:

  1. „Gott grüße dich“                                 Männerchor Beilstein
  2. Gedicht                                                   Nelly Hoff         
  3. „Danket dem Herrn“                            Kinderchor Briedern
  4. Gedicht                                                   Alwine Nikolay Beilstein
  5. „Mosellied“                                            Kinderchor Beilstein
  6. Musikchor                                              Bruttig
  7. Ansprache des Ortsbürgermeisters  Kochems
  8. „Aus der Jugendzeit“                           Kinderchor Briedern
  9. Pater Prior dankt für die Ehrung und betont, daß er dem Pfarrer Maringer besonderen Dank schulde, denn nur durch dessen Entgegenkommen sei es dem Orden möglich gemacht worden, wieder nach Beilstein zu kommen.
  10. Der Männerchor Beilstein singt: „Sonne ging schon längst zur Ruh“ , und mit einem Musikstück schließt dann die Abendfeier.

20.11.48 Kahlki

Wahl des Ortsbürgermeisters

In der ersten Gemeinderatssitzung wurde Edmund Kochems  zum Ortsbürgermeister wiedergewählt, Anton Bauer zu seinem Stellvertreter.

Rückkehr aus russischer Gefangenschaft

Aus russischer Kriegsgefangenschaft kehrten Anton Bauer am 26.6.48 und Karl Rengel am 3.8.48 zurück. Beide wurden infolge Arbeitsunfähigkeit entlassen.